Montag, 26. Juli 1790

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Dies ist Band 2 der Chattenberg Saga. Taschbuch und E-Book sind bei Amazon erhältlich. Kindle Unlimited User lesen es kostenlos.

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Unter der ISBN 9783759245298 ist es demnächst auch im Buchhandel verfügbar.

Glandera

Mit einem breiten Grinsen stand Glandera vor den Türen des Speisesaals und atmete tief durch. Zum zwölften Mal an diesem Morgen hob sie ihr linkes Handgelenk auf Augenhöhe und betrachtete den Armreif. Nein, es war kein Traum gewesen: Gestern Abend hatte sie Ferron als ihren Meister ausgewählt und eingewilligt, sich für mindestens zehn Jahre in der Magierakademie der hohen Künste zu Chattenberg zur Erdmagierin ausbilden zu lassen. Sie war jetzt eine Akolythin und hatte sich fest vorgenommen, eine fleißige Schülerin zu sein.

Voller Ehrfurcht strich sie mit ihren Fingerspitzen über das Artefakt, welches Ferron eigens für sie angefertigt hatte. Die gefalteten Lagen aus Edelmetall sahen aus wie die Ringe eines Baumes und in ihrer magischen Sicht leuchtete es blauviolett. Noch immer konnte sie es nicht fassen, dass sie ihre Ängste vor den Magiern überwunden hatte.

Schwungvoll öffnete sie die Tür. Glandera konnte es kaum erwarten, ihr neues Leben als Akolythin zu beginnen. Allein der Gedanke, Ferron wiederzusehen, ließ die Schmetterlinge in ihrem Bauch aufflattern.

Im Speisesaal durchdrangen Unterhaltungen in unzähligen Sprachen und Dialekten den Raum, während sich die Magier ihre Erlebnisse vom Wochenende schilderten. Es roch nach frisch gebrühtem Kaffee und ein Bediensteter füllte die Schüssel mit Rühreiern auf. Mit vollem Teller lief Glandera auf die Terrasse und schaute sich nervös um. Ferron saß nicht an seinem Stammplatz, doch sie erblickte Furio. Sie errötete, als sie an ihre letzte Begegnung dachte, und schritt zu ihm an den Frühstückstisch.

„Ciao Bella, wie war dein Wochenende?“ Der Feuermagier stand auf und begrüßte sie mit zwei Wangenküssen. Er grinste sie breit an und seine sonst braunen Iriden flackerten rot auf.

„Guten Morgen, Furio. Bis auf Freitag war es sehr ruhig.“ Glandera strich sich eine Strähne hinter das Ohr. Ihr wurde heiß bei der Erinnerung, wie der Sizilianer mit ihr den Ausbruch des Ätna angesehen hatte. In sicherer Entfernung hatte er seine Feuer- mit ihrer Erdmagie verbunden, um das Ereignis zu beobachten. Zeitgleich mit der Eruption des Vulkans hatte er ihr magisch einen Höhepunkt geschenkt. Melody hatte recht gehabt: Er war ein wundervoller Liebhaber. Doch anschließend hatten Furios Eltern und Ferron davon erfahren. Die darauffolgende Diskussion verdrängte sie lieber aus ihren Gedanken.

„Glandera!“, hallte ihr Name durch den Saal. Als sie aufsah, winkte ihr Melody heftig zu und deutete ihr an, sie solle ihr einen Platz freihalten.

Mit einer Schüssel voller Müsli und Obststückchen setze sich die Wassermagierin zu ihnen. Sie drückte ihre neue Freundin an sich, wobei ihr Blick direkt auf den Armreif fiel. „Herzlichen Glückwunsch. Wann hast du dich entschieden?“

„Gestern Abend“, erklärte Glandera freudestrahlend.

Furio schmunzelte. „Dann wird dich Ferron wohl heute durch die Arena jagen.“

Glanderas Kopf schnellte zu ihm herum. „Warum das denn?“

„Dein Schutz hat oberste Priorität. Nach Freitag umso mehr. Nur so eine Vermutung“, antwortet Furio zwinkernd.

Melody legte die Hand auf Glanderas Arm und ihre Iriden änderten blitzartig die Farbe. Ihr Blick wechselte zwischen ihrer Freundin und Furio hin und her. „Erzählt, was habe ich verpasst?“

„Lieber nicht“, winkte Glandera lachend ab.

„Wir haben dem Ausbruch zugeschaut, was sonst?“, erklärte der Sizilianer schmunzelnd und zuckte mit seinen Schultern.

„Tut nicht so unschuldig.“ Die Augen der Wassermagierin wurden schmal. „Ich werde es schon noch erfahren.“

 

Pünktlich zur achten Stunde stand die Erdmagierin vor Ferrons Zimmertür und zupfte ein letztes Mal ihr Kleid zurecht, bevor sie klopfte. Ihr Herz hämmerte gegen ihre Brust, als sie die Klinke hinunterdrückte. „Guten Morgen, Meister Ferron.“

Der Erzmagus stand mit einem breiten Lächeln auf. „Guten Morgen, Akolythin Glandera. Ich freue mich, dass heute deine Ausbildung beginnt.“

„Ich freue mich ebenfalls.“ Sie beobachtete ihn dabei, wie er die Hände hinter seinem Rücken verschränkte. Noch immer wirkte er streng, aber seine Augen glitzerten schelmisch.

„Hast du Fragen zu dem Buch, das du liest?“

„Nein, ich bin nur etwa hundert Seiten weit gekommen und habe alles verstanden.“

Ferron nickte. „Du kommst gut voran und wirst mit zunehmender Übung schneller werden. Um das Basiswissen dieser Einrichtung zu erhalten, empfehle ich dir, mit der Enzyklopädie über die Magierakademie der hohen Künste zu Chattenberg anzufangen.“

„Ja, Meister.“

Seine Hand vollführte elegant eine Geste, mit der er bat, ihm zu folgen. „Heute wird der Unterricht im Freien stattfinden.“

„Gehen wir in die Arena der Elemente?“

„Ah, du wurdest vorgewarnt.“ Schmunzelnd strich er sich über den Bart. „Ja, als dein Meister ist es meine Pflicht, dir die Grundkenntnisse für deinen eigenen Schutz beizubringen.“

 

Schweigend gingen sie durch den Garten. Sie erkannte Ferrons Felsen, dessen Höhleneingang massiv verschlossen war. Davor bogen sie nach links ab und durchquerten den kleinen Wald. Inmitten des Monuments drehte sich Glandera um die eigene Achse. „Es ist so imposant“, bemerkte sie staunend.

Zielstrebig lief Ferron in das Erdviertel, zog seine Robe aus und legte sie auf einen Felsvorsprung. Dann drehte er sich zu ihr um und zupfte an den Spitzen seiner silbernen Handschuhe. „Du hast Freitag meine Anweisung nicht befolgt, hierzubleiben.“

Glandera hob abwehrend die Hände. „Meister Ferron, Furio hat mich mit in die Casa di Protezione genommen. Wir waren dort in Sicherheit.“

„Das nimmst du an. Meinst du, dein Freund hätte für deinen Schutz sorgen können?“

„Das hat er mir versichert.“ Sie stemmte ihre Hände in die Hüfte. „Außerdem ist Furio nicht mein Freund. Hast du nicht gesagt, du wärst stolz auf mich?“

Seine Mundwinkel zuckten nach oben. „Das bin ich – auch wenn du auf sehr unkonventionelle Art den Vulkan abgekühlt hast.“ Er steckte seine Handschuhe in die Tasche und seine Iriden wurden grau. Dann zauberte er einen Ring aus fliegenden Tuffsteinen um seinen Körper. „Proben wir den Ernstfall: Schütze dich!“

Eines seiner kleinen Geschosse traf Glandera. „Aua, das hat gezwickt!“, beschwerte sie sich und rieb über ihren Unterarm.

„Dann war die Intensität genau richtig. Bei einem Ausbruch fallen diese Steine vom Himmel.“

Wieder flog ein Stein. „Au. Ferron, du tust mir weh.“ Sie verzog das Gesicht, stolperte rückwärts und hielt sich den Arm.

„Du brauchst Schutz. Konzentriere dich. Nutze deine Magie.“ Er zielte auf ihren Unterschenkel.

„Ich weiß aber nicht wie“, protestierte sie und hüpfte auf einem Bein.

„Und dann reist du zu einem feuerspeienden Vulkan?“ Fragend breitete er seine muskulösen Arme aus. „Wenn es richtig zur Sache geht, benötigst du einen Schild oder ein Portal.“

Sie biss sich von innen auf die zusammengepressten Lippen, als sie den nächsten Treffer einkassierte.

„Solltest du bei einem Einsatz unter der Erde vergraben werden, brauchst du Raum, um zu atmen, und Zeit, um dich zu konzentrieren. Dein Leben ist wertvoll, Glandera.“

„Es tut mir leid!“, stieß sie hervor und ballte ihre Fäuste.

Ferron nickte zufrieden. „Spürst du, wie sich die Wut in deinen Händen sammelt? Nutze diese Energie.“ Wieder ließ er Geschosse auf sie einprasseln. „Fokussiere dein Kristallgitter und zieh es zusammen.“ Ein weiterer Stein traf sie. „Wehr dich, trau dich, du kannst das.“ Ferron verdoppelte die Anzahl der Tuffsteine, die ihn umkreisten. Wie ein Hagelschauer prasselten sie auf Glandera ein und wurden mit der Zeit immer schneller.

Wütend schnaufte sie und fühlte über die blanken Füße in die Erde hinein. Sie erinnerte sich an den Stein im Fluss, den sie hochgehoben hatte. ‚Es macht keinen Unterschied, wie groß er ist‘, rezitierte sie Ferron, und griff gedanklich in den Boden. „Stopp!“ Mit Leibeskräften zog sie eine Mauer aus Erde hoch, die ihren Körper schütze.

Schlagartig war es still. Kein Stein trommelte mehr auf sie ein.

„Das ist eine physische Mauer. Nicht das, was ich erhoffte, dennoch eine Lösung, die ich gelten lasse.“

Seitlich lugte sie vorbei. „Habe ich es geschafft?“

„Nicht direkt.“ Seine Handbewegung ließ ihre Mauer zu Sand zerfallen. „Der Schild, den du benötigst, ist eine magische Hülle. Schon nach kurzer Zeit wirst du ihn verinnerlichen und permanent nutzen – wie eine zweite Haut.“

„Ich verstehe. Deshalb haben die Zuschauer während der Kämpfe nicht mal gezuckt.“

„Korrekt.“

Glandera schloss die Lider und konzentrierte sich auf das Gitternetz, das Ferron sie lehrte, um die Anziehungskraft zwischen ihnen zu mindern. Jetzt zog sie es dichter, sodass es sich wie eine Hülle um ihren Körper anfühlte.

 „Wenn du bereit bist, machen wir weiter.“

„Ich hatte es doch geschafft, reicht das nicht?“

„Nein. Du weißt jetzt, wie es geht. Ich will prüfen, ob dein Schild hält, wenn du abgelenkt wirst.“

„Ich kann gut den Fokus behalten.“ Glandera verschränkte die Arme vor der Brust.

„Gut, dann kann dir ja nichts passieren.“

Wieder tauchte der Ring aus fliegenden Tuffsteinen um seinen Körper auf und es wurde Glandera mulmig. Doch als er sie traf, prallten sie an ihrer Hülle ab. Trotzdem fuhr sie bei jedem Stein weiterhin kurz zusammen. „Siehst du, es klappt.“

Ohne ein Wort hob Ferron seine Hand und nestelte am obersten Hemdknopf. Seine Mundwinkel zuckten nach oben, als er ihn aufknöpfte. Siegessicher sah er sie an und ihre Überheblichkeit verflog. Ein weiterer Stein prallte ab, als Ferron zum unteren Drittel der Knopfreihe kam. Verbissen konzentrierte sich Glandera auf seine Augen, bis sie um seinen Bauchnabel die dunkle Behaarung sah. Ein Blitz durchfuhr ihren Körper. In dem Moment traf sie eines seiner Geschosse. „Au. Mist.“

„Konzentration!“, forderte er mit tiefer Stimme. Mit beiden Händen zog er sein Hemd aus der Hose. Stählerne Bauchmuskeln kamen zu Vorschein.

Glandera wischte sich die Schweißtropfen von der Stirn.

„Gut gemacht“, lobte er, als der nächste Stein abprallte. „Erhöhen wir die Schwierigkeit.“ Ohne hinzuschauen, feuerte er einen weiteren ab und zog den rechten Ärmel aus.

„Verdammt, Ferron!“ Instinktiv lief sie rückwärts, um Abstand zu gewinnen.

„Du hast es gleich geschafft.“

Es gelang ihr, drei weitere Steine abzuwehren, während er sein Hemd komplett auszog. In hohem Bogen warf er es auf die Robe. Das Muskelspiel seiner definierten Oberarme lenkte Glandera ab. Der nächste Treffer schmerzte, doch sie konnte sich nicht mehr sammeln. Sie starrte auf seinen gebräunten, kraftvollen Oberkörper, der in der Sonne glänzte. Mit langen, selbstsicheren Schritten kam er auf sie zu. Kurz schüttelte sie den Kopf, um sich von dem Anblick der Muskeln zu lösen, dann wich sie weiter zurück. Seine gestählte Brust zog ihre gesamte Aufmerksamkeit auf sich, und der nächste Stein traf sie an der Schulter. Sie atmete schwer. Plötzlich prallte sie mit dem Rücken an die raue Wand der Arena.

Die restlichen Tuffsteine landeten mit einem dumpfen Geräusch auf dem Boden und Ferrons Schritte wurden langsamer. Ihr Herz klopfte bis zum Hals, als er sie einholte und leicht den Kopf zur Seite neigte. Er betrachtete sie einen Moment und stützte dann seine stählernen Arme über ihr ab. Sein Gesicht kam so nah, dass sie die goldenen Sprenkel um seine grauen Iriden erkennen konnte.

„Durch deine Explosion hätte der Ätna ausbrechen können!“

Die feinen Vibrationen seiner tiefen Stimme ließen ihren Körper beben. Ihr Unterleib spannte sich erwartungsvoll an.

„Du hast große Macht, Glandera. Lerne, sie weise zu nutzen.“

Die Luft knisterte. Sein Atem strich über ihre feuchte Haut und sein einzigartiger Duft umhüllte sie. Ihr Blick wanderte zu seinen Lippen hinab, über den dunklen Bart bis zu seinem Hals. Der Kettenanhänger in Form eines Würfels kam langsam zur Ruhe. Sein Oberkörper hob und senkte sich gleichmäßig. Wie gern würde sie ihn berühren. „Bitte …“, flüsterte Glandera und starrte wieder auf seinen Mund. Sein Lächeln wurde breiter und zeigte seine ebenmäßigen Zähne.

Ruckartig trat er zurück und seine Augen wechselten die Farbe. „Du hast deine Lektion gelernt. Komm, wir sollten uns abkühlen, bevor wir den Termin beim Schneider wahrnehmen.“ Ihr Meister drehte sich um und blickte auf die Tribüne. Mit dem Kinn deutete er Glandera in die Richtung. Sie erblickte ihre neuen Freunde.

„Ich habe gern Zuschauer“, bemerkte Ferron und grinste, während er seine Kleidung aufsammelte.

Eine halbe Stunde später saßen die Erdmagier auf Ferrons Terrasse und tranken Eistee mit frischer Minze. Die Treffer schmerzten auf Glanderas Haut, doch sie versuchte, sich nichts anmerken zu lassen, und starrte stoisch in den Garten.

Ihr Meister lehnte sich im Stuhl zurück, strich mit den Fingern über sein kühles Glas und beobachtete sie. „Du weißt sicher, dass wir Magi unseren Rang mit den Insignien auf der Stola, den Schulterstücken oder dem Gürtel kennzeichnen. Daneben prangt das magische Symbol unseres Elements“, erklärte er nach einer Weile und wartete, bis sie ihn ansah. „Beim morgigen Kollegium Arkanum bist du meine wichtigste Neuigkeit. Deshalb möchte ich, dass du besonders gut aussiehst.“

Zorn wallte in Glandera auf und ihre Augen blitzten herausfordernd. Sie hob ihr Kleid ein wenig, bis sich ihre Wade zeigte, und Ferron holte scharf Luft. Ihre Hände zogen den Stoff langsam weiter nach oben. Mit Genugtuung bemerkte sie, wie sich die feinen Vibrationen seines Herzschlags beschleunigten. Er schluckte, als sie auf die rot verfärbte Stelle deutete, an der sie der erste Stein getroffen hatte. „So möchtest du mich präsentieren?“

„Touché.“ Seine Hand umgriff das Glas und er trank eilig den kühlen Eistee, wobei er ihrem Blick auswich.

Sie schmunzelte, als sie das Kleid fallenließ.

Die einfallende Sonne wurde von weißen, sanft wehenden Vorhängen gebrochen. Dadurch verteilte sie sich gleichmäßig im Raum. Der Schneider der Akademie stand an einem Tisch inmitten des Zimmers und strich zärtlich über ausgewählte Stoffe in Erdtönen. Seine Robe, oder war es ein Kleid, glitzerte silbern. Mit erhobenem Zeigefinger drehte er sich schwungvoll um und betrachtete Glandera. Mit ausladenden Hüftschwüngen kam er auf sie zu und seine Hand berührte dabei leicht sein Kinn. Ihr fiel auf, dass unzählige silberne Fäden in seiner weißen Robe für einen optischen Effekt sorgten, der sie an das Lichtspiel auf Wellen erinnerte. Die Bordüren seines Halsausschnitts und der Ärmel waren sanft türkis, und um seine Taille war ein breiter, gelber Gürtel geschnürt, auf dem die Insignien der Magierakademie gestickt waren.

„Akolythin Glandera, ich darf dir Magister Euphorique vorstellen. Bis vor Kurzem war er der Haus- und Hofschneider von König Ludwig XVI, doch durch die Unruhen in Frankreich musste er sein Atelier hierher verlegen. Er ist eine Koryphäe auf seinem Gebiet.“

Bevor sie Ferron fragen konnte, was dieses Wort bedeutete, nahm er in einem Sessel Platz.

„Akolythin Glandera, Ihr seid ja noch entzückender, als der Magister Euch beschrieben hat“, rief der Luftmagier freudestrahlend und zwinkerte Ferron zu.

Entzückend hatte sie noch niemand genannt. Am liebsten hätte sie ihren Meister gefragt, wie er es geschafft hatte, dass all ihre Kleider perfekt saßen, ohne dass jemand ein Maßband an Glandera gelegt hatte.

„Hier habe ich Euch eine Auswahl erlesener Stoffe zur Betrachtung bereitgelegt. Fühlt sie, genießt sie und sagt mir, in welche Qualität ich Euch hüllen darf.“

Ausnahmsweise gefiel es ihr, im Mittelpunkt zu stehen. Mit ihren Händen fuhr Glandera über die zarten Gewebe, die zur Auswahl standen. Der Magister legte die Stoffe an ihr Gesicht und sie wählte ein Seidenmischgewebe mit Baumwolle in Lindgrün, da Euphorique der Meinung war, diese Farbe schmeichelte ihr am besten. Ihr Herz hüpfte vor Freude, als er sie fragte, wie sie sich ihre Akolythenrobe vorstellte. Mit fließenden Bewegungen an ihrem Körper erklärte sie dem Schneider, wie sie aussehen sollte.

Nach einer Dreiviertelstunde ging sie mit glühenden Wangen zu Ferron.

Er stand auf und verschränkte die Hände hinter dem Rücken. „Du siehst glücklich aus.“

„Ja. Der Magister hat mich ein schlichteres Gewebe wählen lassen, in dem ich mich wohlfühle, doch er bestand darauf, es reich zu verzieren. Ich kann nicht glauben, dass es schon morgen früh fertig sein soll.“ Sie drehte sich um die eigene Achse, bevor sie mit ihm den Raum verließ.

 

 

Nach dem Mittagessen brachte Ferron sie in den Gebäudetrakt der Wassermagier. Die feuchte Luft roch seltsam, irgendwie salzig, fand Glandera, doch sie konnte den Duft nicht zuordnen. Im Eingangsbereich der Thermenanlage blieb Ferron stehen und drehte sich zu ihr herum. „Ich habe Melody gebeten, dich heute Nachmittag zu begleiten. Du wirst es lieben.“

Überrascht sah sie zu ihm. „Kommst du nicht mit?“

„Wenn du es ausdrücklich wünschst.“ Seine Mundwinkel zuckten und er sah sie lange an. Dann beugte er sich zu ihrem Ohr hinab. „Aber ich muss dich darauf hinweisen, dass man den Badebereich textilfrei betritt.“

Glandera lief knallrot an, als sie sich Ferron nackt vorstellte. Sie wollte nicht, dass er ging, doch auch mit Anstandsdame wäre sein Beisein äußerst anrüchig. „Na ja, ich meine …“, stotterte sie und atmete erleichtert auf, als sie ihre Freundin erblickte. „Melody, schön, dass du da bist.“

„Ich werde dich später abholen.“ Mit einem Schmunzeln auf den Lippen zog sich Ferron zurück.

Melody hakte sich an ihrem Arm ein und zog sie mit sich. „Hach, ich bin so aufgeregt. Das wird ein toller Nachmittag. Komm, dein erster Termin ist bei Magistra Marilla. Sie ist Friseurin und wird deine Haare schneiden.“

Zielstrebig öffnete Melody die Tür zum Wartezimmer und eine Magierin mit einer grünen Haarsträhne kam ihnen lächelnd entgegen. Als Glandera die Frau erkannte, blieb sie ruckartig stehen. Letzten Mittwoch hatte Marilla Ferron auf dem Fest bezirzt, sodass Glandera sie für seine Gattin hielt. Ihr Magen zog sich zusammen. Und was war mit der Dame, die er auf dem Marktplatz besucht hatte? Flirtete er mit jeder, die ihm über den Weg lief?

„Seid gegrüßt, Akolythin Glandera. Mein Name ist Marilla. Es ist schön, dass wir uns persönlich kennenlernen. Darf ich mir Euer Haar ansehen?“ Die Erdmagierin brachte kein Wort heraus. Marilla ging um sie herum und ließ mit geübtem Griff die braunen Locken durch die Finger gleiten. „Ihr habt eine wunderschöne Haarpracht. Ich würde die Länge beibehalten, aber wir stufen das Ganze ein wenig durch, dann gibt es mehr Volumen und Eure Locken fallen besser. Der Schnitt betont Euer hübsches Kinn. Außerdem würde es Ferron ebenfalls gefallen.“

Glandera hob eine Augenbraue und ihre Lippen wurden zu einer schmalen Linie. Woher wusste sie, was Ferron gefiel? Hatte er Marilla beschrieben, welche Frisur er sich für sie wünschte? Gleichwohl – die Magistra verstand sicher ihr Handwerk und einen Friseur konnte sich ihre Familie bisher nicht leisten. „Gern“, antwortete sie schließlich. „Meine Mutter konnte mir das so nicht schneiden.“

„Eure Mutter hat Euch die Haare geschnitten?“, wunderte sich Marilla. „Dafür ist es sehr gleichmäßig. Folgt mir bitte.“

„Die Magierakademie hat einen eigenen Friseursalon?“, stieß Glandera hervor, als sie den Raum betrat. Der blanke, weiße Marmorboden glänzte und war angenehm kühl. Spiegel mit goldenen Rahmen hingen an den gekalkten Wänden. Marilla bat sie, auf einem Sessel direkt davor platzzunehmen, und griff nach einem Stück Seife. Gebannt beobachtete Glandera, wie die Wassermagierin Magie wirkte und ihr Haar einschäumte. Mit den Fingerspitzen massierten sie sanft ihre Kopfhaut, Glandera schloss die Augen, gab sich den wohligen Berührungen hin und hörte auf zu denken. Sie genoss den Zustand der tiefen Entspannung und seufzte selig. Als Marilla fertig war, hob sie Glanderas Kopf an und führte die junge Akolythin vor den Spiegel. Die Wassermagierin rieb ihre Hände aneinander, bis sie blauviolett leuchteten. Sanft kämmte sie mit ihren Fingern durch die Locken, hob sie an und ließ Strähne für Strähne trocken auf Glanderas Rücken fallen. Die abgetrennten Spitzen fielen zu Boden, ohne dass eine Schere sie berührt hatte. Mit geübten Handgriffen arbeitete die Wassermagierin, bis sie zufrieden nickte.

„Et voilà.“ Marilla schnippte mit dem Finger und das Haar war trocken.

Im Spiegel erkannte sich Glandera kaum wieder. Dunkle Locken umspielten ihr Gesicht und glänzten im Tageslicht. Sie lachte verzückt, während sie ihren Kopf nach rechts und links drehte und ihren neuen Haarschnitt bestaunte. „Vielen Dank, Magistra Marilla, das sieht wundervoll aus.“

Die Wassermagierin nickte. „Gern geschehen. Eure Schönheit wird morgen im Saal für Aufregung sorgen. Melody, würdest du uns bitte einen Moment allein lassen?“

Die Akolythin nickte und verließ den Raum. Ein mulmiges Gefühl breitete sich in Glanderas Magen aus, als Marilla die Tür schloss. Ihr Blick folgte der Magistra, bis sie auf dem Stuhl neben ihr saß.

„Ich spüre Eure Unsicherheit, doch sie ist unnötig. Ich bin keine Konkurrenz für Euch. Unter uns Frauen: Ferron ist ein souveräner Mann, der immer hinter Euch stehen wird, egal was passiert. Ihr habt die richtige Entscheidung getroffen, als Ihr Euch für die Ausbildung und den Weg mit ihm entschieden habt.“

Nervös zupfte Glandera an ihrem Kleid und starrte auf ihre Hände.

„In den vielen Jahrzehnten, die Ferron und ich uns kennen, bin ich eine seiner engsten Vertrauten geworden. Wann immer Ihr einen freundschaftlichen Rat braucht: Ihr findet mich hier.“

„Danke, Magistra.“ Glandera nickte scheu.

„Lasst uns die Förmlichkeiten vergessen. Nennt mich bitte Marilla.“

Die Akolythin wischte ihre feuchten Hände an ihrem Kleid ab und lächelte. „Gern. Ich bin Glandera.“

Die Magierin wartete noch einen Moment, doch Glandera blieb still. Sie wagte nicht, ihre Fragen zu äußern. Marilla seufzte und starrte auf den Boden. Dann stand sie auf und brachte Glandera zu Melody.

Die Wände des nächsten Raumes schimmerten und erst auf den zweiten Blick erkannte Glandera, dass Wasser leise plätschernd daran hinunterfloss. Es sammelte sich in einem Teich inmitten des Areals, das Glandera etwa 15 Meter breit schätzte. Die Luftfeuchtigkeit war höher, obwohl die Fenster der Glaskuppel geöffnet waren. Libellen flogen hinein und umschwärmten die rosa Blüten der Seerosen. Unter der Wasseroberfläche schwammen weiße Fische mit orangefarbenen Flecken, die Glandera nicht kannte. Ein Pfad aus flachen Steinplatten führte in die Mitte des Teiches zu einer Insel. Die blonde Frau, die dort auf einem der vielen Kissen saß, lächelte sie an. Sie war ihr sofort sympathisch.

„Glandera, ich darf dir meine Meisterin Magistra Nereida vorstellen. Ihr Talent besteht aus der Schaffung des Gleichgewichts von Körper und Geist“, stellte Melody sie vor und schritt über die Platten.

Die Wassermagierin trug ein weites, blaues Kleid, das ihre weiblichen Rundungen elegant betonte. Glandera strich sich eine Strähne hinter das Ohr und seufzte tief. Ihr war klar, warum Melody sie als Meisterin gewählt hatte.

„Akolythin Glandera. Setzt Euch bitte bequem hin. Ich möchte Euch erklären, warum Ihr hier seid.“ Sie wartete geduldig, bis sich die jungen Frauen gesetzt hatten und ihr die volle Aufmerksamkeit schenkten. „In der Akademie achten wir sehr auf die eigene Gesundheit, denn um verantwortungsvollen Aufgaben nachgehen zu können, müssen wir im Einklang mit- und füreinander arbeiten und leben. Nur dann vermag jeder sein Bestmögliches zu leisten. Darf ich Euch berühren, um zu fühlen, wie es Euch und Eurem Körper geht?“

„Ja, natürlich“, stimmte Glandera zu, denn sie kannte die Untersuchung bereits von Melody.

Nereida ergriff ihre Hand und die Farbe ihrer Iriden wechselten von Dunkelblau nach Blaugrün. „Danke für Euer Vertrauen. Euch geht es gut. Ihr seid körperlich stark und gesund. Außerdem vertraut Ihr auf Euer Bauchgefühl.“

Glandera seufzte erleichtert.

„Die Grundemotionen sind: Angst, Wut, Trauer und Freude. Die vielen verwirrenden Gefühle, die Ihr habt, sind in Euren jungen Jahren normal. Das wird sich mit der Erfahrung geben. Wenn Ihr Euch überfordert fühlt, könnt Ihr Euch jederzeit an Melody oder mich wenden. Wir werden Euch helfen.“

„Danke, Magistra Nereida.“

„Ihr seid auf einem guten Weg, doch einen Zauber möchte ich Euch noch mitgeben. Er wird normalerweise von Mutter zu Tochter weitergegeben. Ihr seid in einem Alter, in dem ihr ihn brauchen werdet. Er ermöglicht, dass Ihr erst ein Kind empfangt, wenn beide Liebenden damit einverstanden sind. Darf ich ihn Euch zeigen?“

Glandera errötete, als sie verstand, worum es ging. Es war ihr peinlich, doch sie nickte und sah dabei zu, wie die Magistra ihre rechte Hand auf den eigenen Unterleib legte. Sie vollführte mit der Linken eine Geste und sagte die Spruchformel auf.

Die Akolythin neigte ihr Haupt. „Habt vielen Dank.“

„Gern. Melody, geh bitte mit Glandera in den Hamam. Laraine und Leuconoe warten bereits.“

„Sehr wohl, Meisterin Nereida“, stimmte Melody zu und die beiden Akolythinnen verabschiedeten sich.

„Was ist ein Hamam?“, fragte Glandera, sobald sie außer Hörweite waren.

„Ein türkisches Bad. Komm, ich zeige es dir.“

Ferron

„Magister Ferron? Hier ist Nereida. Ihr habt um einen Bericht gebeten.“

Der Erdmagier legte seine Schreibfeder hin und stand von seinem Schreibtisch auf. „Ja, bitte, Magistra Nereida. Ich höre.“

„Ihr habt es wirklich geschafft und Glanderas Vertrauen gewonnen. Sie ist in einer komplett anderen emotionalen Stimmung als vor zwei Wochen. Ich beglückwünsche Euch zu diesem Erfolg.“

Seine Schultern entspannten sich. Er drehte sich um und blickte durch das Fenster in den Garten. „Vielen Dank, Magistra, das freut mich zu hören.“

„Zuvor war sie von Angst getrieben, aber nun ist sie voller Botenstoffe der Freude.“

Schmunzelnd strich sich Ferron über den Bart. „Ja, sie lächelt den ganzen Tag.“

„Weil sie bis über beide Ohren verliebt ist. Bei der ersten Liebe neigt man zu Stimmungsschwankungen. Ihre heftigen Gefühlsausbrüche lösen Erdbeben aus, solange sie sich nicht unter Kontrolle hat, weshalb sie weiterhin beobachtet werden muss. In diesem Zustand ist es ihr kaum möglich, den Fokus für längere Zeit zu bewahren und ihren Schild aufrechtzuerhalten.“

Mit einem breiten Grinsen starrte Ferron in den strahlend blauen Himmel. „Damit kann ich umgehen.“

„Ihr wisst also, in wen sie sich verliebt hat?“

„Ich habe eine Vermutung.“

„Passt bitte auf sie auf. Sollten ihre Gefühle nicht erwidert werden, und sie wird enttäuscht, würde ich Euch gern in ihrer Nähe wissen. Ihr seid nun für sie verantwortlich.“

Ferron nickte zustimmend. „Das hat meine Akolythin bereits gelernt.“

Es entstand eine kurze Pause, bevor Nereida ihn mit Nachdruck ansprach. „Magister Ordinarius, entschuldigt, dass ich es so betone: Es ist Eure erste Akolythin und junge Erwachsene empfinden sämtliche Emotionen um ein Vielfaches intensiver als unsereins, die schon zahlreiche Erlebnisse durchgestanden haben.“

Sein Lächeln erstarb. „Ihr habt recht, Magistra Ordinaria. Ich werde sie nicht aus den Augen lassen.“

„Ihr arbeitet gewissenhaft. Ich weiß, dass sie in guten Händen ist.“

Ferrons Herzschlag wurde schneller. „Könntet Ihr mir noch die Frage betreffend ihrer Herkunft beantworten?“

Einen Moment war es still. „Tut mir leid. Ihre Blutlinie ist mir nicht bekannt.“

Er ließ seinen Kopf sinken.

Nachdem sie eine Weile geschwiegen hatten, fragte Nereida zögerlich. „Ihr wisst, dass Magister Étienne über besondere Fähigkeiten in der Ahnenforschung verfügt?“

Der Magister horchte auf. „Nicht im Detail.“

„Er benötigt für seine Arbeit etwas von ihrem Körper. Es reicht eine Haarsträhne. Seine Ehefrau hat ihr vor wenigen Minuten die Haare geschnitten.“

Ferron starrte in den Garten. Er musste schnellstmöglich mit seiner Geliebten sprechen!

„Nun, ich freue mich, Euch und Glandera morgen erneut im Kollegium Arkanum zu sehen.“

„Vielen Dank für Eure Unterstützung, Magistra Nereida.“

Glandera

Im Umkleidezimmer legten die jungen Frauen ihre Kleidung ab und schlugen sich jeweils ein Handtuch um den nackten Körper. Glandera folgte ihrer Freundin durch verschiedene Dampfbäder, sie duschten und badeten abwechselnd, bis sie zu zwei Magierinnen kamen, die sie massierten und enthaarten. Die vielen blauen Flecken wurden geheilt und verschwanden von Glanderas Haut. Beide fühlten sich wie neu geboren, als sie sich im Ruhebereich auf den Liegen ausruhten und eine Stärkung zu sich nahmen.

„Und ich hatte gedacht, der Zuber wäre toll.“ Voller Staunen strich Glandera über das kuschelige Handtuch.

Melody rekelte sich neben ihr und bediente sich an Tee und Gebäck. „Ja, das ist ein herrlicher Ort zum Arbeiten und Leben. Bist du aufgeregt wegen morgen?“

Langsam drehte Glandera ihren Kopf zu ihrer Freundin. „Nein, gar nicht. Es wird ja nicht anders als vergangene Woche sein, oder?“

„Nicht wirklich. Ferron wird dich aufrufen und dem Kollegium vorstellen. Das war's. Chronomaga Hora wird anschließend zurück zur Tagesordnung übergehen und sie reden weiter über Naturereignisse.“ Melody steckte sich noch einen Keks in den Mund. „Zwischen Ferron und dir besteht eine starke Anziehungskraft.“

„Das liegt an der Erdmagie. Ferron meint, das sind Elementarkräfte, die wirken“, erklärte Glandera und legte den Kopf wieder auf das Kissen.

„Das glaube ich nicht, Liebes. Ihr habt euch ineinander verliebt.“ Breit grinsend stützte sich Melody auf ihrer Liege auf.

„Du meinst, er mag mich?“

„Das ist unübersehbar.“

Glandera versteckte ihr Gesicht hinter den Händen. „Aber … aus uns kann nichts werden. Er ist mein Meister!“

„Na und?“ Die Wassermagierin rollte ihr Handtuch fester um sich.

„Das ist sicher verboten!“, protestierte Glandera.

„Es ist unüblich, wird aber geduldet.“

„Außerdem ist er uralt. Und er hat eine Frau in der Stadt.“ Sie raufte sich das Haar.

„Dafür ist Ferron verdammt attraktiv, respektvoll und loyal.“ Melody zuckte die Schultern. „Ledige Männer seines Standes haben viele Mätressen, doch ich habe noch nie von einer festen Partnerin gehört. Lass ihn andere Frauen treffen. Das alles hindert euch nicht an einer Beziehung.“

Überrascht sah Glandera ihre Freundin an. „Wie? Was meinst du?“

„Marilla ist mit Étienne verheiratet und doch hat sie Ferron als Liebhaber. Wäre sonst ja auch langweilig über all die Jahrhunderte.“ Melody verdrehte die Augen, bevor sie sich wieder hinlegte.

„Das weiß jeder?“ Ungläubig starrte Glandera auf das Nicken der Wassermagierin. „Was ist mit Furio? Er ist in meinem Alter.“

„Furio ist überaus attraktiv. Er ist ein Mann für gewisse Stunden, ein Genussmensch. Dabei ist er verschwiegen und respektiert Grenzen. Er ist definitiv an dir interessiert, aber er wird nicht mit dir ins Bett gehen.“

„Warum nicht?“

Melody wandte sich zu ihr um. „Na, weil du noch Jungfrau bist. Das erste Mal löst oft eine tiefe emotionale Bindung für den Mann aus, mit dem du den Moment teilst, egal ob du ihn liebst oder nicht. Furio will nichts Ernstes.“ Rekelnd legte sie sich wieder hin. „Aber mach dir keine Sorgen, falls Ferron für dich nicht infrage kommt. Schon bald werden viele gutaussehende und talentierte Magier um dich werben. Das Alter spielt dabei wirklich keine Rolle.“

Abwehrend hob die Erdmagierin die Hand. „Ich werde mich ohnehin keinem Mann hingeben, bevor ich verheiratet bin.“ Mit einem tiefen Seufzen schloss Glandera die Augen und ignorierte, dass ihre Freundin schmunzelte.

 

Es war später Nachmittag, als die beiden Frauen aus der Therme kamen. Im Eingangsbereich saß Ferron mit Marilla und trank Tee. Die Friseurin nickte ihm zu, während sie sich mit ihm unterhielt und dabei mit ihren schlanken, langen Fingern über ein kostbares, silbernes Kästchen strich.

Glandera hoffte, dass sie ihrem Meister gefallen würde. Das schlichte, grüne Kleid betonte ihre Figur und zeigte einen leichten Ansatz ihres Dekolletés. Die Haare fielen ihr in großen Wellen über die Schultern bis zu ihrem Rücken hinab und schwangen bei jedem Schritt mit. Ihre braunen Augen kamen durch die gezupften Augenbrauen und die zarten Lidstriche mehr zur Geltung. Sie beobachtete die Körpersprache des ungleichen Paars, das in den Korbstühlen saß. Nun sah sie Marilla aus einer völlig anderen Perspektive. Als die Freundinnen nähertraten, stockte der Erdmagier mitten im Satz und blickte Glandera an. Als sie Ferrons Gesichtsausdruck sah, wurde ihr Lächeln breiter. Dieser attraktive Mann hatte nur Augen für sie und je näher sie kam, umso schneller schlug sein Herz.

Ferron

Mit aufrechtem Gang folgte Glandera Ferron durch die vielen Korridore aus dem Wassertrakt hinaus, und es wunderte den Erdmagier nicht, dass man ihr bewundernde Blicke schenkte. Ihre Augen strahlten, als er ihr auf der schattigen Terrasse des Speisesaals den Stuhl anbot. Bevor sie in die Speisekarte schaute, strich sie sich eine Locke hinter das Ohr. Wie gern hätte er diese um seinen Finger gewickelt, und sie damit näher an sein Gesicht gezogen. Mit der Serviette tupfte sich Ferron feine Schweißperlen von der Stirn.

Zwischen zwei Bissen ergriff Glandera das Wort. „Du bist ungewöhnlich still. Ist alles in Ordnung?“

„Ja, alles in Ordnung. Ich bin gedanklich beim Kollegium Arkanum.“ Obwohl er mehr mit der Vorstellung beschäftigt war, seine Lippen über ihren zarten Nacken gleiten zu lassen, war das nicht gelogen. „Ich weiß, es ist spät, doch ich möchte dich bitten, nach dem Abendessen noch die Vorgehensweise für die morgige Veranstaltung zu besprechen. Natürlich nur, wenn du nicht anderweitig verabredet bist.“

„Selbstverständlich bin ich für dich da. Es ist wichtig für dich.“ Sie schenkte ihm ein verführerisches Lächeln, bevor sie einen Schluck Rotwein trank.

Ferron hätte lieber andere Themen mit ihr vertieft. „Vielen Dank. Wir gehen, sobald du bereit bist.“

 

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